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22.01.2008

Die Erziehungsberechtigten... Pressestimmen...

Odenwälder Echo vom 13.11.07

Anerkennung für filmreife Leistung
Kleinkunst: Theater-AG der Ernst-Göbel-Schule überzeugt mit Aufführung von
„Die Erziehungsberechtigten“

 HÖCHST. Als am Freitag die Bühne im Höchster Bürgerhaus wieder in der Dunkelheit versank und die Erstaufführung von „Die Erziehungsberechtigten“ ihr Ende fand, brandete tosender Applaus im voll besetzten Zuschauersaal auf. Ovationen im Stehen gab es gar für die Leistung der Theater-AG der Ernst-Göbel-Schule.

Die unter der dramaturgischen Leitung von Eleonora Venado erarbeitete Inszenierung orientiert sich an dem aus dem Jahr 2004 stammenden Kinofilm „Die fetten Jahre sind vorbei“. Doch auch ohne Kenntnis der cineastischen Vorlage fiel es dem Zuschauer nicht allzu schwer, der Handlung zu folgen.

Jana und Julian sind ein jugendliches Paar und leben in der Großstadt. Jana ist ideologisch im links-alternativen Politikspektrum aktiv und vertreibt sich die Zeit damit, nachts in die Villen reicher Bürger einzubrechen. Nicht, um sich dort zu bereichern, sondern um auf diese Weise ihren Protest gegen eine mondäne und korrupte Lebensweise zum Ausdruck zu bringen und den verhassten „Bonzen“ einen Denkzettel zu verpassen. Sie vergeht sich am Inventar, verrückt Möbel und hinterlässt zum Abschied die stets gleichen Botschaften an die Hausbesitzer: „Die fetten Jahre sind vorbei“ oder „Sie haben zu viel Geld. Gezeichnet: Die Erziehungsberechtigten“.

Julian weiß davon nichts und hat eigene Probleme. Durch einen Autounfall schuldet er dem Großkapitalisten Hardenberg eine beträchtliche Geldsumme von 93 426 Euro, die er nicht aufbringen kann. Als er von Janas nächtlichem Treiben erfährt, bedrängt er sie, mit ihm zusammen in Hardenbergs Villa in der Schlossallee einzusteigen, um sich an ihm zu rächen.

Jana geht darauf ein, doch während des Einbruchs werden sie von den Kindern der Hardenbergs überrascht. Jana und Julian geraten in Panik und fesseln die unverhofft Heimgekehrten. In der Folge entspinnt sich ein fesselnder Dialog zwischen Geiseln und Geiselnehmern. Über soziale Ungerechtigkeit, das marode politische und moralische System, die Chancenungleichheit in dieser Welt und den politischen Aktionismus, mit dem man das alles bekämpfen müsse.

Im Zuge dessen werden schließlich von beiden Seiten Zugeständnisse gemacht und Jana und Julian erfahren, dass auch Vater Hardenberg, der vermeintliche Klassenfeind, in seiner Jugend ein Revoluzzer und Kämpfer für die gute Sache war. Die Aufführung endet mit der Verlesung des Strafurteils gegen Jana und Julian wegen Einbruch und Freiheitsberaubung.

Das Interessante ist das Unkonventionelle: Das zeigt sich besonders in der chorischen Vortragsweise, bei der stets mehrere Schauspieler ein und dieselbe Person verkörpern, in der minimalistische Bühnenausstattung und in der in keiner Sekunde krampfhaft auf modern getrimmt wirkenden Thematik.

Den jungen Schauspielern gelang es, die Magie ihrer eigenen Begeisterung für den vorgetragenen Inhalt auf das Publikum überspringen zu lassen. Die Zuschauer erlebten eine gekonnte Darbietung junger Semiprofis, die sich der Überzeugungskraft ihres leidenschaftlichen Spiels bewusst sind.

Eine gehörige Portion Humor verleiht dem sozialkritischen Stück denn auch stilvolle Leichtigkeit. Über „Die Erziehungsberechtigten“ kann man je nach Gemütslage lachen oder sinnieren. Wunderbar spiegelt sich diese Ambivalenz in dem Wechselspiel aus flapsigem, teils gezielt provokativ eingesetzten Humor der jeweiligen Figuren wieder.

Und für jene, die nicht dabei sein konnten, bietet sich noch einmal am 16. und 17. November im Bürgerhaus von Höchst die Gelegenheit, die weiteren Aufführungen von „Die Erziehungsberechtigten“ zu besuchen.

Denis Mohr
13.11.2007